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Bindungsstörung

Unser Bindungsverhalten stammt aus unserer Kindheit

Emotionale Bindung ist für uns Menschen, insbesondere für Säuglinge und Kleinkinder so überlebenswichtig wie Nahrung, Schlaf oder gar das Atmen. Umgekehrt, wenn dieses Bedürfnis nicht genügen erfüllt wurde kann unsere seelische Basis beeinträchtigen werden. Die Auswirkungen aus unsicheren emotionalen Verbindungen zeigen sich sogar auf neuronaler Ebene, denn in der frühen Kindheit weist das zentrale Nervensystem eine hohe neuronale und synaptische Plastizität auf – insbesondere für emotionale Erfahrungen, die im limbischen System verarbeitet werden (Jacobs, 2009). 

Die Folgen dieser Bindungsstörung in der Kindheit können sehr komplex sein. Es können Störungen in der Affektregulierung mit unkontrollierbaren emotionalen Zuständen, einer gestörten Selbst- und Fremdwahrnehmung, eine Vielfalt an psychischen Symptomatiken wie depressive Zustände, Angst- und Panikstörungen, Essstörungen etc. entstehen. Und es kann eine aktive oder passive Bindungsstörung daraus resultieren. 

Aktive und passive Bindungsstörungen – woher kommen sie? 

Eine Liebesziehung stellt für fast jeden Menschen einen der stärksten Wünsche für ein erfülltes Leben. Dieses Streben nach einer intimen Beziehung ist kultur- und zeitübergreifend (Neumann 2002) und gilt im Leben jedes einzelnen als eine wichtige Säule für das Wohlbefinden. Da in einer Liebesbeziehung ähnliche Bedürfnisse und Wünsche entstehen, wie bei der Eltern-Kind-Beziehung, kommt bei Betrachtung dieses Zusammenhangs die Frage auf, wie durch eine Bindungstraumatisierung in der Kindheit die Qualität von späteren Beziehungen und vor allem die emotionale Stabilität der betroffenen Person beeinflusst werden.

Die ersten drei Lebensjahre sind dabei am wichtigsten. Zum Beispiel andauernde Entwertungen und Überforderungen, Situationen des Alleinseins und der fehlenden Geborgenheit, emotionalen Missbrauch und emotionale Vernachlässigung sowie  Trennungen und Verlusten können ein Bindungstrauma entstehen lassen. Es handelt sich also um ein Trauma, dessen Ende und Verlauf unvorhersehbar sind. Die Schwere eines solchen Traumas ist nicht zu unterschätzen, sondern kommt physischen Misshandlungen gleich (Wöller, 2006). Die Folgen sind gravierend: „Wenn die Bezugsperson emotional abwesend, inkonsistent, frustrierend, gewalttägig, überwältigend oder vernachlässigend ist, ist das Kind in Gefahr, unerträglichem traumatischem Stress ausgesetzt zu sein, und wird wahrscheinlich kein Gefühl dafür entwickeln können, dass die äußere Umwelt Erleichterung und Hilfe zu bieten vermag.“ Die Reaktion des Kindes ist demnach klassisch in das Fight-Flight-Freeze-Muster einzustufen.

In dieser Zeit (die ersten drei Jahren) werden vier Bindungsformen gebildet. Eine sehr gute Erklärung dazu finden Sie hier: Bindungsformen. 

Es gibt eine Unterscheidung von Bindungsstörungen oder besser gesagt von Reaktion auf solche Situationen. Der eine wird zum aktiven Bindungsängstler und der anderen entwickelt eher eine passive Bindungsangst.
Beide entstehen wie oben beschrieben in der Kindheit, aber während die einen den Weg der direkten Vermeidung von Bindungen gehen, entscheiden sich die anderen bewusst zwar für eine Bindung, unbewusst aber meist Partner wählen, die nicht wirklich verfügbar sind.

Symptome einer aktive Bindungsangst

  • Das Bedürfnis nach Freiheit ist größer als das nach Bindung
  • Verpflichtungen anderen gegenüber sind lästig und machen Angst 
  • Affären und „Freundschaften Plus“ fühlen sich angenehmer an
  • Man wechselt oft den Partner
  • Man bleibt möglichst Unverbindlich und schiebt Entscheidungen, was gemeinsame Aktivitäten angeht immer bis kurz vor dem Termin hin
  • Man strebt bei der Partnerwahl nach „Perfektion“, keiner ist gut genug
  • Nach einer schönen Verabredung, wo alles „gestimmt“ hat, zieht sich der Bindungsphobiker erstmal zurück (was für den anderen unverständlich ist)
  • Nach einer Trennung sucht mach schnell eine neue lockere Partnerschaft
  • Der Bindungsängstler provoziert oft Streit, damit nicht zuviel Nähe entstehen kann
  • Man spricht ungerne über Gefühle und vor allem nicht über die Beziehung
  • Die Zukunftsplanung ist ein unangenehmes Thema
  • Das Kennenlernen der Familie oder Freunde des anderen wird vermieden
  • Die Beziehung wird oft nicht „offiziell“ gemacht
 

Symptome einer passiven Bindungsangst

Der Drang nach Autonomie ist eher vedeckt und man wünscht sich „offziell“ eine Beziehung
Man hat das Gefühl, immer an die „Falschen“ zu geraten, sie sind entweder verheiratet, wohnen weit weg oder haben andere Gründe nicht wirklich eine Bindung eingehen zu „können“.
Durch höhe Ansprüche an den Partner scheint keiner der/die Richtige zu sein
Durch Kritik an den anderen wird eine gewisse Distanz aufrecht erhalten
Ebenso werden STreitigkeiten proviziert , um diese Distanz unbewusst zu wahren
Man verharrt lange in unglücklichen Beziehungen
Oft hängt man in einer On-/Off Beziehung
 
Und letztendlich gibt es auch den anklammernden Beziehungstyp mit der Tendenz zur emotionalen Abhängigkeit.
 
 

Symptome anklammernder Bindung

Man fühlt unangemessene Verlustangst

Das Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen ist nicht vorhanden. Der Anklammernde gibt überproportional viel, um geliebt zu werden
Eigene Befürfnisse werden nicht wahrgenommen und nicht durchgesetzt
Man passt sich dem anderen in allen Dingen an (z.B. im Kleidungsstil, man zieht das an, was der andere mag)
Ständig versucht man dem anderen zu „helfen“
Man „verlässt sich“ oft selbst, um beim anderen zu sein
Eigene Interessen werden nicht mehr nachgegangen
Die Gedanken kreisen nur noch um diesen Menschen
Verabredungen mit anderen werden abgesagt oder stark eingegrenzt
Man ist sehr eifersüchtig auf alles
Im Extremfall kontrolliert man den anderen (Handy, Kilometerstand etc.)

Sollten Sie sich bei dem einen oder anderen Bindungstyp wieder erkennen, können wir gerne gemeinsam daran arbeiten.