Geläufige Meinungen zur Psychotherapie

Aus Film und Fernsehen sowie der Schilderung von Horrorszenarien in Romanen oder Erzählungen stellt man sich den Besuch bei einer Therapiestunde etwa wie folgt vor:
Man betritt einen Raum, spärlich eingerichtet, und platziert sich dort auf einer kalten Ledercouch, auf der einem das Gefühl des Ausgeliefertseins überfällt. Während der Therapeut, mit einem Klemmbrett bewaffnet und nur auf auffällige Aussagen wartend, einen Regen aus unbeantwortbaren Fragen auf einen herablässt, soll man selbst also einen Seelenstriptease hinlegen, alle Schwächen und verdrängten Erinnerungen auspacken und auch noch unbeschwert aus dem Privatleben plaudern. Gerade vielleicht bei Paartherapien eine Aufgabe, die kaum zu bewältigen zu sein scheint.
Machen wir uns doch nichts vor! Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, wissen wir alle, dass es so nicht ablaufen wird, denn die Therapie soll uns helfen und nicht dazu dienen, uns zu verunsichern. Die Angst vor dem Besuch ist also nur eine innere Blockade, ja, eine Ausrede, um mit seinen Problemen im Geheimen zu bleiben. Man wird das auch selbst regeln können, einen Ausweg finden oder aber die Zeit wird alle Wunden heilen. Wir wollen uns nicht die Blöße geben, Hilfe von außen zuzulassen, um unser Inneres zu heilen.
Jedoch stellt sich an genau diese Stelle die Frage: Wieso?
Es ist keineswegs falsch, Hilfe zuzulassen. Und warum ist es genau unsere Psyche, bei der wir uns davor scheuen, einen Fachmann bzw. eine Fachfrau zu Rate zu ziehen? Wir besuchen doch auch den Zahnarzt, wenn unsere Zähne schmerzen. Wenn wir uns ein Bein brechen, fahren wir sofort ins Krankenhaus und erbitten Hilfe. Niemand sagt sich selbst: „Na, der Schmerz wird auch wieder vorbei gehen.“ oder „Da muss ich mich wohl selbst behandeln.“ Denn auch wenn wir selbst uns wahrscheinlich am Besten kennen, so sind wir uns nicht immer darüber im Klaren was mit uns vorgeht und was wir eigentlich denken oder wollen.
Der Besuch bei einer psychologischen Beratung ist also keineswegs etwas, wofür man sich schämen müsste, kein Eingeständnis von Schwäche, sondern eher das Gegenteil! Sie können nun von sich sagen: „Ich habe den Schritt gewagt und habe keine Angst davor, Hilfe in Anspruch zu nehmen um mir selbst eine Genesung oder zumindest Besserung zu gönnen. Ich selbst bin es mir wert, zufrieden und psychisch ebenso wie physisch gesund zu sein.“